Genetisch bedingte Hörstörungen
Hörstörungen im Kindesalter sind sehr häufig: Unter 500 Neugeborenen ist ein Kind mit einer Hörstörung - mehr als die Hälfte der Erkrankungen ist erblich bedingt. Auch viele später (mitunter erst im Erwachsenenalter) auftretende Formen haben eine genetische Grundlage. Es besteht dabei eine extrem ausgeprägte genetische Heterogenität (Vielfältigkeit), d.h. pathogene Veränderungen in vielen verschiedenen Genen können ursächlich sein. Pathogene (krankheitsverursachende) Varianten in mehr als 100 Genen sind derzeit bekannt, viele weitere werden vermutet.
Bei 30% der betroffenen Kinder liegt die Hörstörung im Rahmen einer syndromalen Erkrankung vor, deren zusätzliche Symptome sich oft erst deutlich später manifestieren. Am häufigsten handelt es sich dabei um ein Usher-Syndrom, das sich bei etwa 10% der Kinder mit angeborener Hörstörung entwickelt. Im Kinder- oder Jugendalter kommt hier eine Netzhautdegeneration hinzu, die das Sehvermögen zunehmend beeinträchtigt. Andere wichtige Hörstörungssyndrome betreffen die Nieren (Alport-Syndrom), die Schilddrüse (Pendred-Syndrom) und das Herz (Jervell- und Lange-Nielsen- sowie SANDD-Syndrom).
In diesen Fällen ist es entscheidend für die Prognose der Patient:innen, die genaue Krankheitsursache zu kennen, um über mögliche Risiken und Komplikationen informiert zu sein. Denn eine frühe genetische Diagnostik kann zwischen isolierten und syndromalen Hörstörungen differenzieren und hat somit entscheidende Bedeutung für die individuelle medizinische Betreuung (primär audiologisch oder interdisziplinär).
Zudem klärt die genetische Diagnose die Wiederholungswahrscheinlichkeit. Dies spielt u. a. zur besseren Vorbereitung auf die Geburt eines weiteren betroffenen Kindes eine Rolle. Nicht zuletzt schließt der Nachweis einer genetischen Ursache exogene Gründe (z.B. Infektionen) weitgehend aus.
Darüber wird intensiv an therapeutischen Ansätzen v.a. für syndromale Formen (Usher-Syndrom) gearbeitet. Diese sind oft genspezifisch (v.a. Gen(ersatz-)therapien bei autosomal-rezessiven Formen), mitunter aber auch auf bestimmte relativ häufige Mutationen oder Mutationstypen zugeschnitten.
Warum Bioscientia?
Auf der Basis unseres langjährigen Expertenwissens und neuester molekulargenetischer Analysemethoden, tragen wir dazu bei, bisher unbekannte genetische Ursachen von Hörstörungen zu identifizieren. Wir bieten darüber hinaus eine hochqualifizierte und persönliche genetische Beratung an, um Ratsuchende auf dem Weg zur Diagnose bestmöglich unterstützen zu können.
Kooperationen: Wir arbeiten eng mit Patientenorganisationen und spezialisierten universitären Zentren zusammen.
Diagnostik: Wir verwenden die modernsten Methoden der Hochdurchsatzsequenzierung und genomischen Strukturanalyse, um auch komplizierte Ursachen erblicher Hörstörungen aufzudecken.
Forschung: Wir sind seit mehr als 25 Jahren in der humangenetischen Forschung zu erblichen Hörstörungen aktiv. Dabei identifizierten wir neue Gene für isolierte und syndromale Hörstörungen (s.u., Publikationen).
Interessante Links:
- Hereditary Hearing Loss Homepage, Übersicht bekannter Hörstörungsgene
- Deutsche Gesellschaft für Humangenetik, GfH, zu unserem Diagnostik- u. Forschungsschwerpunkt
- Klinische Studien
- Leben mit Usher-Syndrom e.V., LmU
Publikationen:
- Identifizierung des CACNA1D-Gens für das mit Herzrhythmusstörung assoziierte SANDD-Syndrom; PMID: 21131953
- Identifizierung des Gens für Usher-Syndrom Typ 1D (USH1D); PMID: 11138009
- Identifizierung des Gens für Usher-Syndrom Typ 2D (USH2D); PMID: 17171570
- Identifizierung des DFNB59-Gens für autosomal-rezessive Hörstörung (DFNB59); PMID: 17301963
- Identifizierung des retinalen Modifiers und digenischen Usher-Syndrom-Gens PDZD7; PMID: 20440071
- Identifizierung des PTPRQ-Gens für autosomal-dominante Hörstörung (DFNA73); PMID: 29309402
- Identifizierung des OSBPL2-Gens für autosomal-dominante Hörstörung (DFNA67); PMID: 25759012
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